Nach fast zwei Monaten in Russland, ist es nun endlich an der Zeit, ein neues Land zu bereisen. Auch wenn es nur der Norden Kasachstans ist, ist es doch ein schönes Gefühl, mal wieder was anderes zu sehen. Das neuntgrößte Land der Erde ist zugleich auch das Dünnbesiedelste. Aber die Distanzen sind nach Russland das geringere Problem. Der Gegenwind wird das größere sein.
Kurz nach der Grenze lege ich ein Stopp in einer Bushaltestelle ein und mache mir, die mit auf den Weg gegebenen Speisen warm. Bei unserem Aufenthalt in Leipzig im Ural hat mir die Direktorin der Schule die Kontaktdaten ihrer Schwägerin gegeben. Mein erste Übernachtungsmöglichkeit liegt noch circa 40 km entfernt. Ein guter Einstieg. Wenige Kilometer nach meiner Mittagsrast verliert mein Hinterradreifen wieder Luft. Mist. Zum Glück befindet sich in Sichtweite ein Kaffee. Ich wechsel die Straßenseite, trinke eine Tasse Kaffee und esse einen Schokoladenriegel. Dieser kurze Pausenstopp hat mich wieder etwas beruhigt und so wechsel ich gelassen meinen Schlauch. Wieder ein Loch an der gleichen Stelle. Ein Draht im Mantel hat sich gelöst und ein winziges Loch in den Schlauch gestochen. Diesmal lege ich ein altes Stück Schlauch über die defekte Stelle im Mantel und setze den geflickten Schlauch wieder ein. Die nächsten 400 km werde ich so noch bestreiten.
Am späten Nachmittag erreiche in Karabalyk und mit etwas Hilfe einiger Dorfbewohner, finden wir schließlich auch die richtige Adresse. Ich wurde schon angekündigt und die Freude ist wieder groß. Ich bleibe zwei Tag und werde nach allen Regeln der Kochkunst verwöhnt. Förmlich zu fast jeder vollen Stunde ertönt der Ruf “кушать”, was so viel wie “essen” heißt. Ich nutze die Zeit um meine kaputt gegangenen Sachen zu reparieren und zu flicken. Gehe regelmäßig in die Banja und der erste Abend endet nicht mit zwei Gläsern Vodka sondern mit zwei Flaschen. Was für ein schöner Einstieg in Kasachstan. Es fällt mir schwer meine Taschen zu packen und weiter zu radeln, doch es gibt noch einiges an Wegstrecke. Gut 1000 km liegen noch vor mir. Das Wetter spielt mit, der Wind steht gut und so geht es am Morgen des dritten Tages weiter Richtung Kostanay.
Endlich beginnen die Landstriche wo nichts ist. Nur endlose Steppe oder kilometerlange Felder, so groß, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Auch der Verkehr hat rapide abgenommen und so macht das Radfahren richtig Spaß. Auch der Straßenzustand sollte hier Erwähnung finden, da sich dieser in Kasachstan zur Zeit sehr verbessert hat und endlose Kilometer bester Asphalt vor mir liegen.
An der Grenze von Russland zu Kasachstan habe ich Dima und seine Freundin aus Moskau kennengelernt. Er gibt mir seine Adresse in Kostanay. Und so habe ich auch wieder einen Anlaufpunkt an meinem Zielort Kostanay. Doch 30 km vor meinem Ziel zieht sich der Himmel zu und es wird finster wie die Nacht. Binnen Sekunden schüttet es aus Eimern und ich kann mich gerade noch in eine Bushaltestelle flüchten. Wenn es was gibt, in der endlosen Pampa, dann sind es Bushaltestellen. Nach gut zehn Minuten des Ausharrens kommt plötzlich ein kleiner Transporter. Ich nutze die Gelegenheit und halte ihn an. Sekunden später sind Rad und ich im Wagen und auf dem Weg nach Kostanay. Wunderbar und es dauert garnicht lange, da passieren wir die Stadtgrenze und der nette Transporterfahrer setzt mich direkt an einem Hostel ab. Dima werde ich erst am nächsten Tag treffen. Heute Abend passt es bei Ihm nicht und so kommt mir das mit der Übernachtung ganz gut. Am Abend wird im Hostel für alle gekocht und ich genieße einen sehr leckeren Eintopf bulgarischer Art. Die Nacht im voll belegten siebener Zimmer ist trotzdem etwas gewöhnungsbedürftig. Ein röhren und trompeten wie in einem vollbesetzten Orchestergraben.
Der neue Morgen beginnt mit leckerem Kaffee und Kuchen und einem tollen Gespräch mit Dima. Kostanay bleibt für mich aber nur eine flüchtige Zwischenstation und am frühen Nachmittag schlage ich mich durch dichten Verkehr, wieder zurück auf die Landstraße.










